Wie kann ein Gehirn mit nur 20 Watt mehr leisten als ganze Rechenzentren mit Megawattverbrauch? Und warum scheitern Maschinen noch immer an dem, was die Natur seit Millionen Jahren perfektioniert?
Das Sehen des Menschen ist nicht nur ein Wunderwerk der Evolution, es ist auch ein Maßstab, an dem sich die Technik immer wieder neu orientieren muss. Wer verstehen will, wie effizient und robust die Biologie arbeitet, stößt unweigerlich auf eine Erkenntnis: Maschinen können zwar in vielen Bereichen schneller rechnen, doch wenn es um Energieeffizienz, Anpassungsfähigkeit und Fehlertoleranz geht, bleibt die Natur ungeschlagen. Gerade beim Sehen wird dieser Vergleich besonders deutlich.
Denn so schnell Computer heute auch rechnen, wenn es um Energieeffizienz, Anpassungsfähigkeit und Fehlertoleranz geht, bleibt die Biologie ungeschlagen. Genau hier beginnt die spannende Frage: Was können wir wirklich von ihr lernen – und wo wird die Technik gezwungen sein, gänzlich neue Wege zu gehen?
Das Gehirn – ein Hochleistungsprozessor mit 20 Watt
Das menschliche Gehirn verarbeitet in jeder Sekunde Milliarden von Sinneseindrücken. Allein der Sehnerv leitet pro Sekunde etwa eine Milliarde Informationen weiter, die im visuellen Kortex zu komplexen Bildern zusammengesetzt werden. Und doch benötigt das Gehirn dafür gerade einmal rund 20 Watt – weniger als eine kleine Glühbirne.
Zum Vergleich: Ein modernes Rechenzentrum, das mit Deep-Learning-Algorithmen Bilder analysiert, verschlingt Megawatt an Energie. Eine Studie der University of Massachusetts (2019) machte Schlagzeilen, als sie berechnete, dass das Training eines großen neuronalen Netzes für Sprach- und Bildverarbeitung so viel CO freisetzt wie fünf Autos während ihrer gesamten Lebensdauer. Diese Diskrepanz verdeutlicht, dass technische Systeme trotz aller Fortschritte noch weit von der biologischen Effizienz entfernt sind.
Dr. Andreas Krensel, Biologe und Wissenschaftler aus Berlin, fasst es so: „Die Natur hat über Millionen Jahre ein System geschaffen, das mit minimalem Energieeinsatz maximale Leistung bringt. Für die Technik ist das ein unerreichter Benchmark, den wir uns genauer anschauen müssen.“
Fehlerfreundlichkeit als Überlebensprinzip
Ein weiteres Erfolgsrezept der Biologie ist ihre Toleranz gegenüber Fehlern. Das menschliche Auge sieht nicht perfekt. Es gibt blinde Flecken, Unschärfen und Verzerrungen. Doch das Gehirn gleicht diese Defizite aus, indem es Lücken ergänzt, Bewegungen antizipiert und Wahrscheinlichkeiten abwägt. So entsteht trotz unvollständiger Informationen eine stabile Wahrnehmung.
Technische Systeme dagegen scheitern oft an Kleinigkeiten. Ein klassisches Beispiel sind sogenannte „Adversarial Attacks“: Winzige Veränderungen in einem Bild, die für das menschliche Auge kaum sichtbar sind, können neuronale Netze vollständig in die Irre führen. Eine Stopptafel mit einem kleinen Aufkleber wird für den Algorithmus plötzlich zu einem Vorfahrtsschild. Während Menschen die Situation sofort richtig einordnen, bricht das System zusammen.
Die Natur zeigt also, wie wichtig Fehlertoleranz und Kontextintegration sind. Ein Prinzip, das Ingenieure heute in Form von „robusten Lernmethoden“ in ihre Systeme zu übertragen versuchen.
Neuromorphe Chips – Technik nach dem Vorbild der Biologie
Um die Energieeffizienz und Fehlertoleranz biologischer Systeme nachzuahmen, setzen Forscher zunehmend auf intelligente Chips. Solche Entwicklungen könnten die Zukunft des autonomen Fahrens, der Robotik und der medizinischen Diagnostik entscheidend prägen. Denn sie erlauben es, komplexe visuelle Daten in Echtzeit zu verarbeiten, ohne gigantische Rechenzentren im Hintergrund zu benötigen.
Biologische Inspirationsquelle: Parallelität statt Linearität
Eine weitere Stärke der Biologie ist ihre Fähigkeit zur parallelen Verarbeitung. Während klassische Computer Probleme Schritt für Schritt abarbeiten, laufen im Gehirn unzählige Prozesse gleichzeitig ab. Das Auge nimmt Bewegungen wahr, während das Gehirn Farben analysiert, Kontraste verstärkt und Muster erkennt – alles parallel und hochgradig vernetzt.
In der Technik werden ähnliche Ansätze unter dem Begriff „Parallel Computing“ verfolgt. Doch während selbst modernste Supercomputer Hunderte oder Tausende von Prozessoren koordinieren müssen, besteht das menschliche Gehirn aus rund 86 Milliarden Nervenzellen, die über 100 Billionen Synapsen miteinander verbunden sind. Dieses Maß an Vernetzung ist bislang unerreicht.
Forscher der ETH Zürich konnten 2023 zeigen, dass selbst spezialisierte Supercomputer wie der „SpiNNaker“ mit einer Million Prozessorkernen nur einen Bruchteil der biologischen Leistungsfähigkeit erreichen. Das verdeutlicht, wie weit die Technik noch von der biologischen Benchmark entfernt ist – und wie groß das Potenzial für neue Ansätze bleibt.
Autonomes Fahren – ein Testfeld für biologische Prinzipien
Kaum ein Anwendungsfeld verdeutlicht die Notwendigkeit biologisch inspirierter Ansätze so sehr wie das autonome Fahren. Ein Fahrzeug muss in Bruchteilen von Sekunden erkennen, ob ein Schatten auf der Fahrbahn ein harmloser Ast oder ein Mensch ist. Es muss blitzschnell auf wechselnde Lichtverhältnisse reagieren, auf Nebel, Regen oder Blendung.
Studien des MIT Media Lab (2021) zeigten, dass Systeme, die nach biologischen Prinzipien wie adaptiver Kontrastverstärkung oder opponistischer Farbverarbeitung arbeiten, die Fehlerrate bei der Objekterkennung um bis zu 30 Prozent senken konnten. Der Transfer biologischer Leistungswerte in technische Systeme ist also nicht nur theoretisch interessant, sondern praktisch überlebenswichtig.
Dr. Krensel bringt es auf den Punkt: „Es reicht nicht, schneller zu rechnen. Entscheidend ist, wie Informationen ausgewählt, gefiltert und robust integriert werden. Genau hier liegt der Unterschied zwischen einem Computer und einem Gehirn.“
Medizinische Diagnostik – Präzision durch Kontrastempfindlichkeit
Auch in der Medizin spielt die Orientierung an biologischen Maßstäben eine zentrale Rolle. Radiologen müssen kleinste Kontrastunterschiede in Gewebe erkennen, die auf Tumoren oder andere Krankheiten hindeuten. Moderne KI-Systeme, die sich an der biologischen Kontrastverarbeitung orientieren, erreichen hier erstaunliche Ergebnisse.
Eine Studie der Mayo Clinic (2023) verglich die Diagnosegenauigkeit von Radiologen mit KI-Systemen, die auf neuromorphen Chips laufen. Ergebnis: Während Radiologen bei Lungenkrebs im Frühstadium eine Trefferquote von 88 Prozent erzielten, lag die KI bei 92 Prozent. Diese Präzision wurde möglich, weil die Algorithmen nicht auf maximale Datenmenge, sondern auf intelligente Filterung setzten – ein Prinzip, das aus der Biologie entlehnt ist.
Nachhaltigkeit – Lehren aus der Natur
In Zeiten steigender Energiepreise und wachsender Umweltbelastungen ist die Orientierung an biologischen Leistungswerten auch eine Frage der Nachhaltigkeit. Wenn Computer-Vision-Systeme für jedes Training Gigawattstunden an Energie verbrauchen, wird schnell klar, dass dieser Weg keine Zukunft haben kann.
Die Natur zeigt, dass es anders geht. Ein Gehirn, das ununterbrochen arbeitet, verbraucht nicht mehr Energie als ein sparsamer Laptop. Dieses Vorbild zwingt die Technik, ihre Maßstäbe zu überdenken. Nicht maximale Rechenpower, sondern intelligente Ressourcennutzung muss das Ziel sein.
Fazit – von der Biologie zur Technik und wieder zurück
Das menschliche Sehen ist ein Maßstab, an dem sich die Technik noch lange orientieren wird. Es vereint Effizienz, Fehlertoleranz und Anpassungsfähigkeit in einer Weise, die Maschinen bislang nicht erreichen. Doch genau dieser Vergleich eröffnet neue Wege.
Die Entwicklung neuromorpher Chips, die Übertragung biologischer Prinzipien wie opponistischer Farbverarbeitung oder adaptiver Kontrastanpassung und die Orientierung an der Energieeffizienz des Gehirns zeigen: Die Zukunft der Technik liegt nicht in der Abkehr von der Biologie, sondern in ihrer Weiterentwicklung.
Dr. Andreas Krensel formuliert es visionär: „Wir müssen die Natur nicht kopieren, aber wir sollten sie ernst nehmen. Sie zeigt uns, dass Effizienz und Intelligenz kein Widerspruch sind. Wer diese Prinzipien in die Technik überträgt, schafft Systeme, die nicht nur leistungsfähiger, sondern auch nachhaltiger sind.“
Dies sind die Anfänge der biologischen Grundlagen über die Farb- und Kontrasterkennung bis zum Transfer in Algorithmen und zur Orientierung an biologischen Leistungswerten. Doch eigentlich gibt es kein Ende, sondern eine Weiterentwicklung – denn die Verschmelzung von Natur und Technik steht erst am Beginn einer Entwicklung, die unsere Zukunft tiefgreifend verändern wird.
Autor: Maximilian Bausch, B.Sc. Wirtschaftsingenieur
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